WIEN
Samstags finde ich meine Sorgen nicht. In der Piaristengasse sind die Hauseingänge frisch gespült. Ich trage gelbe Socken und habe aufgehört auf Zehenspitzen zu leben. Du sagst, du magst wie mein Bad riecht.
Im Bus sitzt ein Mann mit Roggenmehl in der Jackentasche. An einer Ecke steht ein einsames Bobbycar. Das Leben rennt schneller als ich und ich muss das Navi noch aktualisieren. Plötzlich ist der Mann weg.
In der Pause schicke ich dir eine Aufnahme der Vögel im Park. Eine Frau mit orangem Make Up regt sich auf, dass montags noch der Teletext von Sonntag lief. Ihre Freundin wippt mit dem Kopf. Ein Kind fällt vom Roller und wartet auf die Reaktion der Mutter.
Donnerstags zerbröselt alles, obwohl die Sonne scheint. Meine Hand greift nach dir und landet bloß am Glasrand, ich trinke einen Schluck und mein Blick rutscht aus deinem Gesicht ab. Die Worte sind klebrig.
Wir schweigen in Teetassen bis die Uhr zu laut tickt. Ich drücke dich trotzdem zum Abschied, meine Finger fühlen sich in deinen Haaren zuhause. Dein Blick bleibt hängen, bevor dich das Treppenhaus verschluckt.
LJUBLJANA
Die Sahne verfließt. Beim Lesen kräuselst du deine Nase. Weiß und klebrig. Du schiebst den Teller an den Tischrand. Die Uhr zeigt bloß Zahlen.
Es regnet und du steckst unsere Hände gemeinsam in deine Jackentasche.
Die Häuser stehen wie wilde Zähne nebeneinander. Muster neben Grau, Jugendstil neben Ostblock neben Puppenhaus. Nur auf die Giebel einigen sie sich. Die sitzen wie kleine Partyhüte auf den Dächern. An einer Kreuzung hängt ein Kronleuchter in die Gasse.
Ich deute auf Schriften und Balkone, du nickst. Das Wasser fließt ein bisschen blauer als in Wien. Ich erzähle dir von Kinderfilmen und Sommer, du zeigst mir deine Lieblingstür. Der Griff ist golden, von all den Händen und dem Öffnen. In der Kirche sind wir gemeinsam leise, nicken und gehen wieder. Graffiti werden übermalt, Regen sammelt sich zwischen Pflastersteinen, die Notwendigkeit von Gummistiefeln in der Stadt findest du fragwürdig. Dann verschwinden wir in den dritten Stock im Haus am Ende der Welt. Züge fahren durch, am Fenster vorbei oder werfen ein paar Wagons neben dem Garten ab. Im Flur ist das Fensterglas milchig und blumig. Die Bettdecken sind abgelegen weich. Dein Nacken riecht warm und beim Einschlafen zucken deine Arme.
Wir fahren an einen See. Du lächelst ein bisschen zu sehr, Touristen lassen dich Fotos machen. Sie sehen sie sich an, alle nicken und wir gehen weiter die Burg hinauf. Du zeigst mir Wolken. Neben einem Fels wachsen Kiefern. Ich kann endlich wieder atmen und sehe in deinen Augen, dass du es auch tust.
Dunkle Autobahngespräche, deine Hand auf meinem Knie, unterbrochen vom Schalten.
In der zweiten Nacht fügen sich die Knautscher im Kissen um Schlüsselbeine und mir ist endlich nicht mehr kalt. Die Vögel fahren Zug vor dem Fenster.
Auf der Rückfahrt reden wir Kurven und Ecken voll, das Schweigen dazwischen ist weich. Raststättenklos. Du wirfst einen Euro hinein, gehst durch das Drehkreuz und drückst mir die 50 Cent Rausgeld warm in die Hand, als wäre es eine Choreografie, mit Übung im Bauch. Ich schiebe die Sonnenbrille in die Haare, sehe dich an und fühle mich sicher.
WIEN
Am Tisch stehen noch die Tassen. Ich gieße die Pflanzen und beginne abzuwaschen, bis die Teeränder verschwinden. Du rufst an, einfach so. Wir sagen hi und hören uns lächeln.